Marcel Hayoz (*1929)
Brunnenanlage, 1974
Jurakalk (Comblanchien)
Primarschulhaus Wolfacker, Düdingen
(Foto und Text: B. Fasel)
Auf dem Pausenplatz, beim südlichen Zugang zum Schulgebäude, gruppieren sich in lockerer Weise mehrere helle Steinquader unterschiedlicher Grösse. Die kubischen Körper wurden aus einem 150 Millionen Jahre alten französischen Kalkstein geschnitten und präsentieren sich geschliffen in feinen Elfenbein- und Rosatönen. Die Anlage wird von den Schulkindern als Spiel- und Tummelplatz alltäglich benutzt und lädt zum Rasten und Verweilen ein. Der eine Würfel dient als Brunnenbecken und Wasserspender. Der Künstler und Zeichenlehrer Hayoz begnügte sich jedoch nicht mit der Idee, bloss ein Objekt zur Verschönerung des Pausenhofs zu schaffen und dieses gleichzeitig als Sitzplatz und Brunnen zu nutzen. Vielmehr beabsichtigte er das Werk so zu gestalten, dass die Lehrpersonen mit ihren Klassen damit immer wieder wichtige Lernerfahrungen machen können. Die Anlage kann im Unterricht für vielfältige mathematische und naturkundliche Inhalte als didaktisches Hilfsmittel verwendet werden.
Massmodelle
So veranschaulichen die Steinquader einige der gebräuchlichen metrischen Masse. Beispielsweise verleihen die zwei grossen Quader mit den Massen 100 x 100 Zentimeter den Schülern eine greifbare räumliche Vorstellung des Quadrat- und des Kubikmeters. Eine Platte mit einem 10cm-Raster verdeutlicht Masse, Fläche und Volumen im Dezimeterbereich. Vielfältige Übungsmöglichkeiten bieten sich für den Unterricht an: Wie viele Hocker können aus einem Kubikmeter geschnitten werden? Wie gross ist das Fassungsvermögen des Brunnenbeckens? Das spezifische Gewicht des Kalksteins beträgt 2.5 kg; wie schwer ist ein Hocker? Und für besonders ambitionierte Rechner: Wie schwer ist die ganze Anlage?
Sonnenuhr
Der grosse Quader mit dem Ausschnitt in der Mitte hat die Funktion einer Sonnenuhr, der kleine Würfel in der Höhlung dient als Schattenzeiger. Hayoz verdeutlicht die unterschiedlichen Einfallswinkel der mittäglichen Sonnenstrahlen in unseren Breiten: „Im Bereich der eingravierten Zonen zeigt der Mittagsschatten die Jahreszeiten an. Am 22. Dezember mittags zeigt die Schattenspitze des kleinen Würfels in der Höhlung genau auf die Kante und auf dem Boden zeigt der Lichtfleck seine grösste Ausdehnung. Dieser Fleck zieht sich dann allmählich, bei zunehmender Tageslänge, wieder in den Hohlwürfel zurück.“
Geografischer Ort und Windrose
Im Achsenkreuz der Sonnenuhr sind die Daten zum geografischen Ort eingraviert: Düdingen liegt auf 7°12’ östlicher Länge und 46°51’ nördlicher Breite. Die Windrose zeigt die vier Himmelsrichtungen an und auf zwölf Strahlen wurden die Namen von entfernten Dörfern und Städten mit Angaben der Distanz vermerkt.
Die minutiöse Planung der Anlage zeigt deutlich das Interesse und den Sachverstand des gestaltenden Künstlers. Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich in diesem Werk die unterschiedlichen Disziplinen Kunst, Naturwissenschaft und Pädagogik begegnen.
Quelle:
Hayoz, Marcel (1974), Die Brunnenanlage beim neuen Schulhaus Wolfacker Düdingen, (unveröffentlichter Projektbeschrieb des Künstlers mit zwei Skizzen zur Anordnung der Quader und zum Schattenspiel am 22. Dezember, 12 Uhr / pdf siehe unten)
Fragen und Anregungen für den Unterricht
- Die Brunnenplastik von Hayoz dient nicht nur der ästhetischen Verschönerung des Pausenplatzes, sondern erfüllt unterschiedliche zusätzliche Funktionen. Welche?
- Versuche die Funktionsweise der Anlage zu verstehen. Diskutiere mit deinen Mitschülern; schreibe Fragen zu Aspekten auf, die unklar sind; klärt diese gemeinsam.
- Nutze die Anlage für die Mathematik und den naturkundlichen Unterricht. Erfinde beispielsweise selber vielfältige Aufgabenstellungen zum Berechnen von Längen, Flächen oder Hohlkörpern. Bestimme die Richtung, in der dein Heimatort / das Heimatland deiner Mitschüler liegt.
- Welche Fähigkeiten muss der Künstler aufweisen, um eine solche Anlage planen und realisieren zu können? Im Werk von Hayoz verbinden sich Kunst und Naturwissenschaft. Ein anderer Künstler, der diese Verbindung in genialer Weise schaffte, war Leonardo Da Vinci. Studiere Biografie und Lebenswerk dieses Universalgenies.
- Informiere dich zur Geschichte der Zeitmessung vor der Epoche der mechanischen oder digitalen Uhren. Dokumentiere deine Erforschungen.
- Setze dich mit der Funktionsweise der Sonnenuhren auseinander und realisiere ein eigenes Modell im Technischen Gestalten.
- Zeichne die Würfel in ihrer Anordnung aus unterschiedlichen Standorten. Verwandle eine Würfelskizze in eine Stadtlandschaft; türme weitere Würfel zu Hochhäusern aufeinander, interpretiere das Thema malerisch.
Vergleiche zum Thema "Sonnenuhr" die Beiträge
> Düdingen / Claraz / Sonnenuhr
> Murten / Burla / Sonnenuhr
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