Anne Blanchet (*1947)
Lichtbrücke - visuelle Musik, 2005
Universität Pérolles, Freiburg
(Foto: A. Wider)
Die Genferin Anne Blanchet ist für ihre „Lichtsymphonien“ bekannt, die auf einem „Erforschen des Raumes“ basieren. Dabei stehen ihre Werke stets in einem Spannungsfeld mit moderner Architektur, um so ein Zusammenwirken von Kunst und Raum zu ermöglichen. Diese Absicht gilt auch für die Beleuchtungsanlage der etwas besonderen Art auf dem modernen Universitätscampus auf der Pérollesebene. Dort stehen 18 rotlackierte Barrieren, die im Abstand von je 5 m an 3.5 m hohen Säulen befestigt sind. Diese tragen zudem eine weisse Neonröhre und bewegen sich im individuellen Rhythmus auf und ab. So spielt jede Barriere „ihre eigene Musik“, und fügt sich mit ihresgleichen zu einem „Barrierenballet“ zusammen. Nachts haben die Skulpturen nebst einer ästhetischen Intervention auf dem Universitätsgelände auch die Funktion, den Platz und die ihn umgebenden Gebäude zu beleuchten. Dabei entsteht ein variantenreiches Spiel von Licht und Schatten.
Wie eine Reihe einzelner Leuchttürme verbinden die Barrieren die beiden Universitätsgelände, die durch die Hauptstrasse getrennt werden. Dabei bewegen sich ihre Lichtkegel nicht horizontal, sondern vertikal. Gesamthaft betrachtet, erzeugen die verschiedenen Positionen mit dem Auf-und-Ab der einzelnen Barrieren eine Art Choreographie, womit die Künstlerin den „Blick hypnotisieren [und] die Seele beruhigen“ möchte. Insgesamt hat sie für diese Installation drei Arrangements kreiert, die zeitlich zwischen 20 und 180 Sekunden variieren und sich in Geschwindigkeit und Bewegung unterscheiden: Eine langsame, kaum wahrnehmbare, eine mittlere und eine schnelle Choreographie. Diese sind dreimal am Tag beobachtbar (jeweils um 8 Uhr, 12 Uhr und 17 Uhr), wobei alle drei Choreographien nacheinander „abgespielt“ werden. Dazwischen verharren die Skulpturen in sogenannten „Pausen der Stille". Diese technisch anmutende, künstlerische Überbrückung der viel befahrenen Verkehrsachse passt zu den modernen Gebäuden der naturwissenschaftlichen Fakultät sowie zur Hochschule für Technik und Architektur, die sich dem Universitätscampus auf der Pérollesebene anschliesst.
Um die Absicht der Künstlerin zu verstehen, ist es ratsam, das Booklet zur DVD von Esther Maria Jungo zu Rate zu ziehen: „Barrieren verweisen auf Grenzen und gebieten dem Innehalten…Grenzen werden ausgelotet und können zugunsten neuer Räume errichtet werden oder aber verschwinden, bis die allerletzte Grenze des Lebens erreicht wird. Danach führt Raum ins Ungewisse.“ Laut dieser Erklärung schafft die Lichtbrücke „ein symbolträchtige[s] Spiel von Öffnen und (Ver-)schliessen, Eintreten und Austreten, Empfangen und Abweisen.“ Das „lichtvolle Linienspiel“ fordert deshalb den Betrachter auf, Kunst im öffentlichen Raum mit all seinen Sinnen zu erfahren.
Mit dem Titelzusatz "Visuelle Musik" verweist Anne Blanchet auch auf das Phänomen, dass ein Sinnesreiz beim Menschen gleichzeitig andere Sinne stimuliert; dass also beispielsweise ein visuelles Motiv Klangerinnerungen auslösen kann. Welche Melodien "erklingen" beim Licht- und Bewegungsspiel der Lichtbrücke? (AW/bf)
Quellen:
- Jungo, Esther Maria. Anne Blanchet. Die Lichtbrücke – visuelle Musik. 2005. Booklet der DVD.
- http://www.fribourgtourisme.ch/de/navpage-CultureArchFR-FribArtFR-122585.html (15.02.12, 08:30)
- http://www.anneblanchet.com/SitePlan.html (16.02.12, 16:30)
Fragen und Anregungen für den Unterricht
- Schaue dir die Anlage vor Ort an und versuche, den Titel nachzuvollziehen.
- Welche Musik würdest du wählen, wenn du das Kunstwerk durch Musik repräsentieren müsstest?
- Gehe den umgekehrten Weg: Interpretiere dein Lieblingsmusikstück malerisch.
- Kennst du andere Kunstwerke, die mit Licht zusammenspielen?
- Stelle dich mit deinen Mitschülerinnen und Mitschülern in eine Reihe auf. Bewege deinen rechten Arm ausgestreckt in vertikaler Richtung, wie es die Lichtsäulen tun. Variiere dabei Geschwindigkeit und Rhythmus. Wie viele Choreographien lassen sich damit kreieren? Erweitere deine Choreographie, indem jede Person einen individuellen Ton vor sich hin summt und dabei ihren Arm bewegt.
- Siehe dir Fotografien der Lichtbarrieren von verschiedenen Tageszeiten an. Welche Veränderungen nimmst du wahr?
- Entdecke andere Werke der kinetischen Kunst: Calder, Soto, Gabo, Vasarely, Tinguely.
- Im gestalterischen Unterricht: Erstelle als Gemeinschaftsarbeit einen Mechanismus, wobei jede Person einen Teil der Maschine anfertigt. Einmal in Gang gesetzt, müssen die Teile so aufeinander abgestimmt sein, dass die Bewegung bis zum letzten Element weitergeleitet wird. Um der Klasse die Idee näher zu bringen, eignet sich das Musikvideo zum Lied „This too shall pass - Rube Goldberg Machine Version“ der Band OK Go (zu finden auf Youtube).
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