Fredy Peissard (*1954)
"Pecunia", 1997
Zeitplastik, Metall / Glas
Schalterhalle der Freiburger Kantonalbank, Tafers
(Foto: B. Fasel)
»Fredy Peissard nennt die Zeitplastik, die er für die Filiale der Kantonalbank in Tafers geschaffen hat, „Pecunia“. Pecunia ist der lateinische Ausdruck für Geld. Das Wort pecunia seinerseits stammt aus dem Wort pecus, das Vieh bedeutet. Vieh war neben Getreide offensichtlich eines der ersten Zahlungsmittel. (...)
Fredy Peissard geht in „Pecunia“ drei Hauptfragen nach: „Weshalb haben wir Geld?“, „Woher haben wir Geld?“, und „Wohin geht das Geld?“. An der Zeitplastik können klar drei Teile unterschieden werden, die aber ineinander überlaufen.
„Wenn eine Gesellschaft mehr produziert, als sie braucht, kommt sie zu Geld“, erklärt der Künstler die Frage nach dem „Weshalb?“ und präzisiert: „Geld ist zum voraus geleistete Arbeit.“ Diesen Aspekt des Geldes zeigt er mit einer sich ständig drehenden Scheibe auf. Die Scheibe besteht aus zwei verleimten Glasplatten. Zwischen den Glasplatten fliesst in einer Flüssigkeit Goldstaub. Am Scheibenrand sind vier Kornähren (Symbol der Arbeit und des Geldes) befestigt. Die Flüssigkeit mit dem Goldstaub staut sich in ihrem Kreislauf an immer höher werdenden Ähren auf (der Gold- beziehungsweise Geldberg wächst). Bei der grössten Ähre angekommen, fliesst der Goldberg wieder ins Niveau. „Gold kann man nie zu einem Berg anhäufen. Es kommt immer wieder jemand, der es neu verteilt“, betont Fredy Peissard zu den Vorgängen in der Drehscheibe. „Geld kann auch keine Sicherheit geben“, erklärt er weiter und: „Sicherheit gibt es nur in einer gut funktionierenden Gesellschaft. Die Gesellschaft muss darum besorgt sein, dass es allen Mitgliedern gut geht, sonst bricht auf einmal das Chaos aus. So gesehen müssen wir daran interessiert sein, dass wir ein stabiles Bankenwesen haben“. Er ist auch überzeugt, dass Geld den Menschen nicht verdirbt. „Es macht bloss transparent, wie ein Mensch wirklich ist."
Vom Vieh zum Papiergeld
In einer feinen Schmiedearbeit, die in ein Glasfenster überläuft, geht Fredy Peissard der Geschichte des Geldes – der Frage des „Woher?“ – nach. Im Mittelpunkt dieser Metallplastik ist ein Kuhschädel sichtbar. Er erinnert an das Vieh (pecus) als erstes Zahlungsmittel. Umgeben ist der Schädel von verschiedenen Formen, die das Gold im Lauf der Geschichte als Zahlungsmittel angenommen hat: Goldbarren, auf einer Schnur aufgereihte Goldringe und schliesslich die geprägte Goldmünze, die ursprünglich wieder das Bild eines Tieres trug. Bei den Kelten mit Vorliebe ein Pferd. In der Plastik ist auch ein Chinese versteckt. Die Chinesen sind die Erfinder des Papiergeldes.
Im Spannungsfeld von Wert und Sicherheit
Im Mittelteil der Zeitplastik versucht Fredy Peissard, den Geldfluss darzustellen. Er geht der Frage nach dem „Wohin?“ nach. Besonders beschäftigt er sich mit dem Dilemma, in das sich die Menschen begeben haben, seit der Wert des Geldes nicht mehr mit Gold gedeckt ist. „Heute sind wir nicht mehr Besitzer des Wertes. Wir haben nur noch den repräsentativen Wert des Geldes im Geldbeutel“, hält er fest. „Das Gold lagert bei der Nationalbank. Sie legt den Wert des Geldes fest und versucht, den Geldfluss im Gleichgewicht zu halten.“
Die Nationalbank ist in der Skulptur als Reichsapfel dargestellt. Bei ihr liegt heute die Macht. Wehe, es will ihr jemand ans Gold. Als Gegenpol zum Kreuz hat Fredy Peissard auf dem Reichsapfel eine Hellebarde aufgepflanzt. Angetrieben wird das Uhrwerk der Zeitplastik von zwei Spiralen, die gegenseitig auf den Minutenzeiger Druck ausüben und damit den Zeit- beziehungsweise Geldfluss stabil halten. Die eine Spirale stellt den Wert des Geldes dar; erkennbar am Zahlenwert eines Fünffrankenstücks. Die andere stellt das Verlangen nach Sicherheit (des Geldes) dar; erkennbar an Wilhelm Tell auf dem Fünffrankenstück. Jeweils nach einer vollen Drehung der Spiralfeder (d.h. nach 60 Minuten) gerät das ganze aus dem Gleichgewicht: der Reichsapfel (die Nationalbank) macht einen Taucher. Der Reichsapfel steigt wieder auf, und das ganze kann von vorne beginnen. Der aufmerksame Beobachter bemerkt, dass der Reichsapfel im Augenblick, wo er abtaucht, ein Auge freigibt. „Jede Krise gibt die Sicht darauf frei, wie man es eigentlich besser machen und etwas Neues in die Wege leiten könnte“, erklärt Fredy Peissard dazu. „Doch statt sich darum zu kümmern, wie man es besser machen könnte, strebt der Mensch danach, immer mehr Besitz anzuhäufen.“ Er ist überzeugt, dass bei solchem menschlichen Verhalten nicht nur das Geld-, sondern auch das ganze Weltsystem einmal umkippen wird.
Mit dem „Ecu“, dem Vorläufer des „Euro“, der als Fixstern über der Plastik schwebt, deutet Fredy Peissard schliesslich die neuesten Entwicklungen in der Währungspolitik an. „Versucht Europa mit diesem Fixstern seine Finanzprobleme zu lösen, oder schliesst sich der Kreis, und fängt wieder alles bei der Kuh an?“ fragt er und zwinkert mit dem Auge.« (Jungo 1997)
Quelle: Jungo, Anton (1997), Zeitplastik von Fredy Peissard, „Geld verdirbt den Menschen nicht. Es macht transparent, wie er wirklich ist“, Freiburger Nachrichten, 25. Juni
Fragen und Anregungen für den Unterricht
- Der Künstler Peissard macht sich in seinem Werk unter anderem Gedanken zum Ursprung der Zahlungsmittel. Erforsche selber die Geschichte des Geldes. Wo tauchen die ersten Münzen, wo die ersten Banknoten auf? Was bedeutet der Ausdruck: "Ich bezahle mit Plastikgeld". Warum haben die Menschen das Geld erfunden?
- Betrachte das Werk Peissards. Welche Elemente verweisen auf die Thematik Geld? Lass dir die Funktionsweise und die Symbolik der Zeitplastik erläutern (siehe Text A. Jungo).
- Ziffern, Zahlen und Währungssymbole prägen den Berufsalltag im Bankgeschäft. Verwende diese Zeichen für die Gestaltung einer bunten Komposition im Stil der Popart.
- Zeichnungen von Kindern und Jugendlichen wurden bereits mehrfach für die Gestaltung von Briefmarken verwendet. Entwerfe in vergleichbarer Art eine neue Serie von Banknoten, in der nicht grauePersönlichkeiten die Stimmung prägen, sondern freche Farbigkeit vorherrscht.
- Wie wird eine Münze hergestellt? Erforsche die Fabrikationsweise / gestalte ein passendes Motiv / realisiere eine Gussform / giesse die Münze mit Zinn. Gestalte und realisiere einen modernen Anhänger für eine Halskette.
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