Bruno Baeriswyl (1941-1996)
Komposition in Blau / PI-52, 1967
Öl auf Leinwand, 200 x 145 cm,
Orientierungsschule, Wünnewil
(Foto und Text: B. Fasel)
Im Herbst 1968 bezogen die vier OS-Klassen und mehrere Primarklassen das neue Schulgebäude im Birch in Wünnewil. Bereits bei der Eröffnung prägten Werke von Freiburger Künstlern das Ambiente der neuen Schule mit. Die Anschaffung dieser Werke ist einer Inititative der Lehrerschaft zu verdanken. Zwei der Werke fanden wiederum ihren Platz in der 2006-08 renovierten und erweiterten Schulanlage.
Eines dieser Kunstobjekte, ein grossflächiges Bild von Bruno Baeriswyl, stammt aus einer Serie von Werken, bei denen die Beschränkung auf die Farbe Blau ein prägendes Element darstellt. Mit direkter Malgeste setzt der Künstler die rundlichen linearen Zeichen auf die Leinwand und fügt sie zu einer bewegten Komposition. Einige der entstandenen Formen füllt er, dann spielt er wiederum bewusst mit dem Leerraum. Er verwendet dazu ausschliesslich einen Blauton, der mehr oder weniger verdünnt, heller oder dunkler erscheint. Zum Teil zufällig entstehende Spritzer und Fliessspuren der flüssigen Farbe gehören mit zum Konzept dieser Malweise. Ende der 60er-Jahre stellte ein derartiges Bildwerk für viele Betrachter noch eine echte Provokation dar. Das Unverständnis, das damals selbst von bildungsgewohnten Bürgern über diese Anschaffung vielfältig geäussert wurde, hat sich in der Zwischenzeit aber längst gelegt.
In einem Interview von Anton Bertschy mit Bruno Baeriswyl, das die Freiburger Nachrichten unter dem Titel „Ungefähr so läuft es ab“ gedruckt hat, äussert sich der Künstler zu seiner Schaffensweise und präzis auch zu jener Serie von Werken, denen das Bild der OS Wünnewil zuzuordnen ist.
BB: Für mich ist das Thema etwas Körperliches. (...) Schau: Ich führe die Hand, Spuren hinterlassend, über das Papier, ohne dass ich ein Thema hätte. Plötzlich stutzt die Hand. Etwas Neues ist auf dem Papier aufgetaucht. Es schafft ihr Mühe, bereitet ihr Widerstand. Die Hand nimmt neue Anläufe. Der ganze Körper beginnt mitzuschwingen. Er gerät in einen Zustand höchster Spannung. Die Hand schuftet. Nach und nach fügt sich das Neue zu einem Modell. Jetzt habe ich ein Thema. (...) ab: Könnte man auch sagen: Du siehst ein Thema nicht, du ertastest es? (...) Du bist also kein visueller, sondern ein motorischer Typ? BB: Ich bin durchaus visuell begabt, setze aber in erster Linie motorische Vorstellungen um. Das war bei den „Lungenbildern“ so. Damals schon (...) habe ich nicht Lungen betrachtet und sie nachher abgezeichnet, sondern ich habe eine Form mit Schwerpunkt oben gefunden, die zu atmen scheint. Im Nachhinein habe ich sie dann „Lunge“ benannt. Auch in den „Lungenbildern“ stecken Bewegungsvorstellungen.
Dass es sich bei der Komposition, die im OS-Zentrum Wünnewil im Schulzimmertrakt des ersten Stockwerks ihren eindrücklichen Platz gefunden hat, um ein bedeutendes Werk handelt, belegt die Tatsache, dass der Künstler bis zu seinem Tod (1996) „sein“ Bild nach eigenen Aussagen regelmässig besucht hat.
Baeriswyls Arbeiten gehören zum abstrakten Expressionismus, auch Action Painting genannt. Malereien dieser Stilrichtung entstehen in der Regel ohne gegenständliche Darstellungsabsicht, spontan und ohne Vorentwurf. Im Vordergrund steht der direkte Malakt, die konzentrierte Bewegung des Malenden. Sensibilitäten und Gefühle der Kunstschaffenden äussern sich in den entstehenden Pinselspuren, den Bewegungen, Rhythmen und Spannungen in der Komposition, sowie in den Farbstimmungen.
Baeriswyl ist einer der wichtigsten Freiburger Maler des 20. Jahrhunderts. Unter anderem wurde er für sein künstlerisches Werk 1979 mit dem Kulturpreis der Deutschfreiburgischen Arbeitsgemeinschaft geehrt.
Quelle: Bertschy, Anton, Ungefähr so läuft es ab, Freiburger Nachrichten, Beitrag vom 24. Januar 1987
Fragen und Anregungen für den Unterricht
- Äussere deine spontanen Gedanken zum Bild von Baeriswyl.
- Woran erinnern dich die Formen im Bild? Nenne mögliche Assoziationen.
- Beschreibe die Farben im Bild. Wie entstehen die unterschiedlichen Blautöne?
- Wie entsteht ein solches Bild? Versuche den Entstehungsprozess zu beschreiben.
- Manchmal hört man vor abstrakten oder ungegenständlichen Malereien den Ausspruch: „Das kann ja jeder!“ - Kann das wirklich jeder? Was macht das Wesen dieser Kunstform aus? Diskutiere diese Fragen und konfrontiere unterschiedliche Meinungen und Haltungen.
- Betrachte Kunstwerke der „Action painting“ (z.B. Jackson Pollock).
- Organisiere eine Experimentierwerkstatt zur ungegenständlichen Malerei. Erprobe dabei die aktionsbetonte Malerei, in der die spontane Malgeste im Zentrum steht. Erkunde verschiedene Zufallsverfahren. Nutze ungewöhnliche Malwerkzeuge. Lass die Farben mit Spass klatschen, spritzen, klecksen, platschen, schmieren, drucken, blasen, fliessen, tropfen ...
- Baeriswyl malte in seinem Atelier oft mit Jazzmusik im Hintergrund. Erlebe Bewegungen, Spannungen oder Stimmungen der Musik und verbinde diese mit rhythmischem Zeichnen und Malen.
- Male ein Bild mit einer einzigen Farbe, die jedoch mehr oder weniger verdünnt wurde
- Male als Gruppenarbeit ein grossformatiges ungegenständliches Bild; verwende dazu nur einen bestimmten Teil des Farbspektrums (z.B. Rot-Orange und alle ihre Mischtöne). Nutzte dabei die Erkenntnisse aus der Bildbetrachtung und aus der Experimentierwerkstatt.
Vergleiche zum Thema "ungegenständliche Malerei" den Beitrag
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