Jean-Edward de Castella (1881-1966)
Erzengel Michael
Glasfensterzyklus, 1904 (Werkstatt Kirsch & Fleckner, Freiburg)
Pfarrkirche, Heitenried
(Foto und Text: B. Fasel)
Das zentrale Chorfenster über dem neugotischen Hauptaltar ist dem Kirchenpatron, dem Erzengel Michael gewidmet. Die Glasmalerei illustriert die neutestamentliche Szene aus der Offenbarung nach Johannes (Offb 12,7), wonach der Erzengel Michael den Teufel in Gestalt eines Drachen besiegt und hinab auf die Erde stürzt. Die prachtvolle geflügelte Hauptfigur tritt vor einer entfernten Gebirgslandschaft den Kampf gegen den Satan an und stösst den Gehörnten mit seiner Lanze ins rauchende und lodernde Feuer. Einem Gewürm gleich krümmt sich der geschlagene Teufel kurz vor dem bevorstehenden Höllensturz. Oben im Spitzbogen thront die Dreifaltigkeit Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist über dem dramatischen Geschehen.
Farblich zieht de Castella im bunten Glasgemälde alle Register der Farbkontraste. Gekonnt werden die komplementären Farbpaare Rot-Grün und Gelb-Violett inszeniert. Wirkungsvoll treffen auch die leuchtenden Bunttöne der Hauptfigur auf die dumpfen Erdfarben des gefallenen Luzifers. Der helle orangerote Stiefel Michaels tritt ins finstere Blaugrün der Flügel des Drachenmonsters und wird zudem auch kompositorisch zum Blickfang indem sich die vertikalen und diagonalen Linien in spitzer Dreieckform genau dort treffen, wo Entscheidendes vor sich geht.
Am unteren Bildrand ist das Stifterwappen und ein entsprechender Vermerk zu erkennen: „Gestiftet von Herrn Lehrer Zosso und seiner Ehefrau Anna geb. Boschung“. Wenn man bedenkt, mit welchen Hungerlöhnen die damaligen Lehrer ihre Familien ernähren mussten, ist dieser Vermerk wohl auch Ausdruck der grossen Solidarität und Spenderfreude der Bevölkerung anlässlich des, für eine ländliche Pfarrei kostspieligen Kirchenneubaus.
Im Vergleich zur dynamischen Szenerie im mittleren Bild präsentieren sich die beiden Bischöfe rechts und links ruhiger, in würdiger, aufrechter Haltung. Der heilige Franz von Sales war Ordensgründer und Kirchengelehrter. In unserer Gegend als „Santiklous“ besser bekannt ist der heilige Nikolaus von Myra, Patron der Diözese Freiburg und Lausanne.
Vom gleichen Künstler stammen auch die 16 Symbolscheiben, die als kleine Farbtupfer die Seitenfenster im Kirchenschiff beleben. Sie stellen unterschiedliche christliche und liturgische Symbole dar oder beziehen sich auf Inhalte der Bibel. Beispielsweise zeigen die beiden vordersten Fenster die Zeichen für die vier Evangelisten: Lukas (Ochs), Markus (Löwe), Matthäus (Engel mit Buch) und Johannes (Adler).
Pelikan (Symbolscheibe im Kirchenschiff / Zeichen für Jesus, der sein Blut für die Menschheit hergab)
Der Fensterzyklus in der Kirche von Heitenried war im Sensebezirk das erste Auftragswerk des damals 23-jährigen Glasmalers Jean-Edward de Castella. In der Folge schuf er die Entwürfe für Kirchenfenster in mehreren Kirchen und Kapellen in der Region. Hauptwerke seines Schaffens befinden sich beispielsweise in der Pfarrkirche von Plasselb oder in der Kirche St. Peter in der Stadt Freiburg. Der Künstler stammte aus einer Freiburger Patrizierfamilie, wurde in Australien geboren, kam jedoch für die Schulen und seine berufliche Ausbildung zurück nach Europa, wo er dann insbesondere in seiner Stammheimat Freiburg lange Zeit auch künstlerisch aktiv war.
Fragen und Anregungen für den Unterricht
- Betrachte die Szene im mittleren Chorfenster. Beschreibe die beiden Hauptfiguren, den Erzengel Michael und den Teufel. Was passiert da?
- Erforsche die Geschichte, die hier illustriert wird. Lese die entsprechende Passage im neuen Testament. Suche nach anderen Darstellungen des Erzengels Michael im Kampf mit dem Satan.
- Entwerfe selbst einen Drachen. Wie würde ein lieber Drache ausschauen? Verwende passende Farben und versuche diese kontrastreich für die Bildwirkung einzusetzen.
Quellen:
- Schöni, Armin (1997), Ein Kaleidoskop des Glaubens, Der Glasmaler Jean de Castella in Deutschfreiburg, Freiburger Volkskalender (S. 65 ff.)
- Schneuwly-Poffet, Daniela (2017), Der Sensebezirk zwischen Tradition und Moderne, Glanzpunkte der Historismusepoche, Hrsg. Kultur Natur Deutschfreiburg und Pro Fribourg (S. 20 ff.)
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