Alfred Manessier (1911-1993)
"Karfreitagabend", Glasmalerei, 1976
Antikglas in Bleifassung (Atelier Michel Eltschinger)
Heiliggrab-Kapelle, Kathedrale St. Nikolaus, Freiburg
(Foto: A. Wider / Text: B. Fasel)

Während eines Sturmes zerschellte 1973 das bereits schadhafte grosse Masswerkfenster in der Heiliggrab-Kapelle, einem kleinen Seitenraum in der Südwestecke der Kathedrale. Gleichzeitig mit der Wieder-Instand-Stellung des Fensters wurde daraufhin der bekannte französische Maler Alfred Manessier beauftragt, diesen Ort der Besinnung mit Glasmalereien zu schmücken.
Domherr Gérard Pfulg beschrieb in seinem Bericht wie Manessier am 29. April 1974 zu einer ersten Ortsbesichtigung nach Freiburg kam und feststellte, dass die Heiliggrab-Kapelle als Ganzheit wirke und so eine unabhängige Gestaltung ermögliche. Die thematische Bezugnahme zur spätmittelalterlichen Figurengruppe war naheliegend und eine Ahnung zur Farbatmosphäre schien der Künstler schon damals geäussert zu haben: „Die Glasfenster des Chors und des Schiffs werden von roten und gelben Farbtönen dominiert; ich werde für ein Motiv, das sich auf Karfreitag bezieht, mit Blautönen spielen. Keinesfalls darf der Eindruck aber düster werden. Auf den Tod Christi folgt die Auferstehung.“ (Pfulg 1986)
1976 konnten die beiden Fenster der Heiliggrab-Kapelle eingefügt werden. Der anfänglich harten Kritik an den neuen Kirchenfenstern widersprach der Kunsthistoriker Walter Tschopp einige Jahre später dezidiert und formulierte gleichzeitig eine stimmige Beschreibung des - heute hoch geschätzten - Werks: „Man sprach da von deplatziertem und zu modernem Formalismus dieser Scheiben, die in ihrer Dunkeltonigkeit und Abstraktion die Grablegung ersticken würden. Das Gegenteil ist wahr! Nicht nur handelt es sich keineswegs um abstrakte Werke: in der blauen Dämmerung der stilisierten Landschaft lagern die schweren, dunklen Wolken des Karfreitagabends und von links oben her bricht zaghaft die Helle des Ostermorgens vom zweiten, architektonisch klar abgetrennten Fenster her; sondern von Formalismus kann keine Rede sein, wo doch die horizontale Statik des Hauptfensters – der Trauerstimmung der Szene entsprechend – bewusst die vertikale Dynamik des Fenster-Masswerkes zu überspielen sucht.“ (Tschopp 1986)

Manessier erhielt sieben Jahre später den Auftrag auch die Fenster im Obergaden des Kirchenschiffs künstlerisch auszugestalten. Die Herausforderung bestand hier, die Helligkeit im Raum zu bewahren und keine störende Wirkung auf den wertvollen Glasfensterzyklus von Józef Mehoffer (1869-1946) zu schaffen. Der Künstler sollte sich zudem mit dem Thema "Pfingsten" auseinandersetzen. Die Einweihung dieser Werkreihe fand im Juni 1983 statt.
Schliesslich realisierte Alfred Manessier 1988 auch die farbenprächtige Glasmalerei für die Masswerkrosette über dem Hauptportal an der Westseite des Kathedrale-Turmes. Dieses Werk entfaltet bei eingeschalteter Innenbeleuchtung in kalten Winternächten eine ganz besondere, magisch anmutende Wirkkraft im Burgquartier von Freiburg.

Quelle:
Autorenteam (1986), Kathedrale St. Niklaus – Freiburg Schweiz
Hrsg.: Freiburger Nachrichten / Deutscher geschichtsforschender Verein des Kantons FR / Deutschfreiburgischer Heimatkundeverein / Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft / Pro Freiburg
- Pfulg, Gérard, Die Glasfenster von Manessier, S. 44 ff.
- Tschopp, Walter, Die Grablegungsgruppe, S. 15 ff.