Oskar Cattani (1887-1960)
Glasfenster 1954/55
Gleichnis vom verlorenen Sohn
Pfarrkirche, Überstorf
(Fotos und Text: B. Fasel)

Der Fensterzyklus in der Pfarrkirche von Überstorf stammt von Oskar Cattani, einem langjährigen Lehrer für Kunst und Gestaltung am Kantonalen Technikum in Freiburg. Die Kirchenfenster wurden in der Werkstatt von Herbert Fleckner in Freiburg realisiert. Sechs gleichformatige Rundbogenfenster zieren den hinteren Teil des Kirchenschiffs und den südlichen Kreuzflügel. Sie sind alle in einheitlicher Form strukturiert worden. In einem hohen schmalen Streifen befindet sich jeweils ein figuratives Bildmotiv, das mit variantenreicher Ornamentik und symbolischen Zeichen umrandet wird. Dargestellt werden in diesen Fenstern folgende Themen: Schöpfung des Adam / Vertreibung aus dem Paradies / Verkündigung / Weihnachten / Jüngstes Gericht / Der verlorene Sohn. Die Fenster in der Seitenkapelle links stellen Pfingsten, Mariä Krönung sowie Christi Himmelfahrt dar. Die beiden Fenster im Chor repräsentieren die vier Evangelisten mit ihren Symbolen.

Die oben abgebildete Glasmalerei zeigt das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11). Zentral wird die ergreifende Szene dargestellt, in der der Vater seinen verloren geglaubten Sohn mit liebevoller Geste aufnimmt. Er wird dem völlig verarmten Sohn, der nach verschwenderischem Lebenswandel reumütig ins Vaterhaus zurückgekehrt ist, ein Freudenfest bereiten. Im Hintergrund erkennt man den Bruder des Zurückgekehrten. Mit grimmiger Mimik und Gestik äussert er sein Unverständnis über das, in seinen Augen zu nachsichtige Verhalten des Vaters.
Unterhalb dieses Bildnisses der Güte und Barmherzigkeit hält ein Engel ein Spruchband mit lateinischer Inschrift in Händen: ET DONUM FAC REMISSIONIS (dt. Nachsicht üb in meiner Sache). Es handelt sich dabei um einen Vers aus dem Hymnus Dies irae – früher bekannt als Gregorianischer Gesang in Totenmessen. 
In der ornamentalen Umrandung sieht man oben in der Rundung die Hand des Gekreuzigten, die auf den Opfertod Christi verweist, unten das Wappen der Stifterfamilie Brülhart.

Wappen der Stifterfamilie Götschmann
(Im Fenster Schöpfung des Adam)

Fragen und Anregungen für den Unterricht

• Betrachte und beschreibe die Szene mit der Darstellung des Gleichnisses vom verlorenen Sohn. Lies die entsprechende Textpassage im Neuen Testament. Diskutiert über die Aussage und die Bedeutung des Gleichnisses. Warst auch du schon froh, dass dir jemand verziehen hat, nachdem du einen Blödsinn angestellt hast?
• Stelle das Bildgeschehen szenisch dar. Inwiefern ist in der Gestik des Vaters spürbar, dass er dem Sohn verzeihen wird? Wie würde die Szene aussehen, wenn er nicht so nachsichtig wäre? Zeige auch die Verärgerung des Bruders mit Mimik und Gestik.
• Achte auf die reiche ornamentale Gestaltung der Umrandungen dieser Fenster. Inspiriere dich an diesen Beispielen und erfinde selber neue ornamentale Reihen. Nutze dazu auch die entsprechenden Kapitel im Zahlenbuch, wo das Ornament immer wieder im Mathematikunterricht thematisiert wird.
• Setze dich mit der Heraldik, der Wappenkunde, auseinander. Wie sieht dein Familienwappen aus? Was möchtest du in einem zeitgemässen Familienwappen darstellen? Gestalte eine Neue Version.
• Wage dich an die Gestaltung einer eigenen „Glasmalerei“. Schneide deine Motive in schwarzes Tonpapier und hinterlege die ausgeschnittenen Formen mit verschieden farbigen Seidenpapieren.
  
   
  Projekt Adventsfenster, Schule Überstorf (Fotos: H. Moser)